Ein Baby zu sein, ist seltsam. Meine Mama rammt mir ihre Nase fast ins Gesicht, um mir Dinge zu sagen, die ich nie und nimmer verstehen kann, und ich kann darauf nur reagieren, indem ich mit dem Kopf herumwackle und in den Raum direkt vor mir grapsche. Wenn ich vorübergehend von ihrer totalitären Zuneigung befreit bin, watscheln meine kleinen gekrümmten Beine neben dem Schatten einen übergroßen Kopfes einher und ich bewege mich unbeholfen durch eine Welt, die für Menschen gemacht ist, die viel größer sind, als ich es bin. Und dann fängt ein hässlicher kleiner Teddybär an, mit mir zu sprechen. Vielleicht ist das der Grund, warum wir uns an unsere früheste Kindheit nicht erinnern können.
Among the Sleep Werbeargument auf Kickstarter, das den Machern immerhin ein Produktionskapital von mehr als $200.000 einbrachte, war, dass ein Horrorspiel, in dem man als Zweijähriger spielt, eine wirklich coole und furchterregende Sache wäre. Die Unterstützer des Projekts sollten zufrieden sein, dass es in beiderlei Hinsicht erfolgreich ist – es ist eine coole Idee und das Spiel ist furchterregend -, aber alle anderen möchte ich darauf hinweisen, dass es nur in Bezug auf diese beiden Aspekte erfolgreich ist.
Geräusch und Schatten
Als taumelnder kleiner Protagonist bin ich stark und agil genug, um Schachteln und Stühle zu verschieben, Schubladen und Türen zu öffnen, Stufen hinaufzuklettern, farbige Formen als Schlüssel zu benützen und schlaff einen Ball zu werfen. Ich kann gehen, aber kriechen ist schneller. Es ist wirklich eigenartig und so effektiv, wie es sich anhört, wenn es darum geht, dem Spieler das Gefühl zu geben, in einem Horrorsetting wirklich verletzlich zu sein. Während ich mein Haus erkunde – zuerst, um den sprechenden Teddybär zu finden, der in der Nacht von einer unsichtbaren Macht gestohlen wurde, dann, um meine Mama zu finden -, ist das Sounddesign die größte Bedrohung, denn Geräusche dringen aus jedem Winkel, den ich nicht einsehen kann, und es knirscht und knarrt immer und überall, was mich gehörig beunruhigt, obwohl einige Loops hörbar sind.
Oben: Noch einmal, ein Baby zu sein, ist seltsam.
Die Rätsel (puzzles) bedrohten mich hingegen nur mit Langeweile. Von Anfang bis Ende sind leichte Meinungsverschiedenheiten mit der Physik die einzige Herausforderung in Among the Sleep: der versuch, eine Schublade zu öffnen, anstatt sie zu schließen, oder heftiges Hämmern auf die Leertaste, um das Spiel davon zu überzeugen, dass ich auf das Ding klettern kann, von dem ich weiß, dass ich auf es hinaufklettern kann. Ein Teil war für mich aufgrund von Bugs nicht zu bewältigen: eine Plattform, die sich bewegen sollte, blieb stecken, zuckte herum und schleuderte mich auf amüsante Weise in die Luft, wenn ich auf ihr stand. Als ich herausgefunden hatte, dass dieser Trampolineffekt nicht beabsichtigt war, musste ich dne letzten Checkpint nochmals laden, der zum Glück nur wenige Momente hinter dieser Stelle lag..
Wenn das Monster ins Spiel eingeführt wird - es gibt ein Monster und es kann Sie erwischen -, dann müssen Sie auf einmal wirklich ernsthaft um Ihr Leben krabbeln. Das Monster ist furchterregend, gruselig und der beste Teil des Spiels, auch wenn ich erst ganz kurz vor dem Ende erkannte, dass es mich töten kann („töten“ bedeutet hier „scheitern“ - einem Baby widerfährt nichts sichtbar Schlimmes). Das ist wirklich vorbildliches Horrordesign: ich finde die Spiele am beängstigendsten, in denen ich immer beinahe vom Bösen geschnappt werde, und nicht diejenigen, in denen es mich wirklich erwischt, da das Geschnapptwerden die Bedrohung drauf reduziert, be einem Checkpoint neu zu laden.
Oben: Das Monster macht mit einem erschreckenden Verzerrungseffekt auf sich aufmerksam.
Doch wie die Rätsel stellt auch das Monster nie eine echte Herausforderung dar: beide sind vor allem dazu da, den Spieler dazu zu bringen, immer weiter durch Among the Sleeps zunehmend verwüstetere Umgebungen zu tapsen. Nach der Einführung des Monsters wird Ihr normal beängstigendes Haus zu einem extrem beängstigenden Haus, wobei gewisse Ähnlichkeiten zu American McGee’s Alice erkennbar werden. Alltägliche Objekte, wie man sie i jedem Haus findet – eine Wandleuchte, ein Garderobenständer – stechen auf einem nebeligen Spielplatz, in einem knorrigen Wald und einer Version des eigenen Zuhauses, das in ein dämonisches Gruselkabinett verwandelt wurde, in den seltsamsten Winkeln heraus.
Es ist ein Vergnügen, die zu sehen, vor allem am Anfang, wenn Strahlen von Mondlicht und matte Lampen etwas möglicherweise Schreckliches gerade nicht beleuchten und so nach allen Seiten Angst verbreiten. Sieht man jedoch genauer hin. Ist die Qualität der Requisiten sehr uneinheitlich: eine Standuhr sieht großartig aus, während ein Schrank ganz in der Nähe mit einem Klecks von Kleidungstextur gefüllt ist. Und die meisten der Requisiten sind bedeutungslos, wodurch die Welt ebenso oberflächlich wird, wie sie bedrohlich erscheint.
Gähnende Langeweile
Der Sinn der Erkundung des Geistes dieses Kleinkindes besteht darin, den Horror zu identifizieren, der es attackiert, aber in seinem Kopf ist nicht viel zu finden. Gone Home war als Erkundungsgeschichte erfolgreich, weil jedes Objekt samt seiner Platzierung von Bedeutung war und uns die Arbeit überließ, die Geschichte der Familie, der das Haus gehört, nach und nach zu entziffern. Ich wäre geneigt gewesen, über Among the Sleeps langweilige Rätsel hinwegzusehen, lebten diese im Hintergrund einer reichhaltigen Erkundungsgeschichte, doch hier sind die einzigen Hinweise Buntstiftzeichnungen, von denen wir annehmen müssen/sollen, dass sie von diesem absurd talentierten Zweijährigen kreiert wurden, und einige immer wieder erscheinende Objekte, die einem so auf die Nase gedrückt werden, dass es fast schon wehtut. Alle anderen Schubladen, Schachteln und Winkel sind entweder leer oder mit generischen Gegenständen gefüllt.
Die Wahrheit ist ohnehin eine Enttäuschung. Ich hatte gehofft, Among the Sleep würde eine Überraschung in sich bergen und mich mit Klischeemetaphern, die nur seicht wirken, an der Nase herumführen. Das ist leider nicht der Fall, weshalb ich die wahre Gestalt des Monsters schon in der ersten Stunde richtig erriet. Es ist ein wahrhaft furchterregendes Monster, doch Among the Sleep hat nichts Wertvolles über es zu sagen.Man könnte eine hässliche, tiefere Bedeutung hineininterpretieren, aber ich glaube nicht, dass es hier versteckte Intentionen gibt - Among the Sleeps Thema ist so simpel wie sein Rätsel. Wen man bedenkt, womit man es hier zu tun hat, ist diese Vereinfachung geradezu gefühllos.Das Spiel kann sich zu keinem anderen Kommentar zu dem echten Leiden überwinden, das es als Plotmittel benützt, als: „Ist das nicht ein cleveres Plotmittel?“
Mit seiner oberflächlichen Story, den wenig interessanten Rätseln und dem Versuch, diese Rätsel zu lösen, als einzigem Grund, diese an Bedeutung arme Welt zu erkunden, erreicht Among the Sleep nur das Minimum dessen, was es verspricht: ein Baby zu sein, ist seltsam, beunruhigend und sorgt in diesem Fantasy-Horror-Setting für einige sehr effektive Schreckmomente. Ich mag das Konzept und die Begegnungen mit dem Monster, das Sounddesign und die Umgebungen sind großartig, aber ich kann ein Spiel mit so wenig Substanz, das €20 oder mehr kostet, nicht wirklich empfehlen. Sollten Sie zu den wenigen gehören, die ein Oculus Rift Development Kit ihr Eigen nennen, wird Sie freuen, dass das Spiel dieses voll unterstützt. Dies ist jedenfalls die beste Methode, ein drei Stunden langes Spiel zu spielen, das seinen Wert fast ausschließlich aus der Atmosphäre bezieht.
Fazit: Among the Sleep ist eine leidlich gruselige Babysimulation, doch langweilige, an Bugs reiche Rätsel und eine oberflächliche Story und Welt entpuppen sich als die wahren Monster.
Abschließende Bewertung
Spiel: 6,0
Spaßfaktor: 5,0
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